Eine Eigenproduktion der
Jungen Theaterakademie Offenburg
Vision Freiheit
Die Revolution 1848/49 in Offenburg
Fort mit den Fürsten! Wir wollen uns selbst regieren,
Einig und frei! Es lebe die Republik
Offenburger Flugblatt, März 1848
September 1847. Nach mehreren Hungerjahren ist die soziale Lage in Offenburg angespannt. Als ein bettelndes Kind auf dem Wochenmarkt verhaftet wird, beginnt sich die revolutionäre Energie der jungen Generation endlich Bahn zu brechen: Die Studenten Karl Heinrich Schaible, Franz Volk und Emmerich Barth arbeiten durch verbotene Flugblattaktionen auf die kommende Revolution hin, die radikale badische Opposition gibt sich im Salmen ihr erstes politisches Grundsatzprogramm und selbstbewusste junge Frauen gründen einen demokratischen Frauenverein…
In ihrer Eigenproduktion „Vision Freiheit“ lässt die Junge Theaterakademie die turbulente Zeit, in der Offenburg plötzlich im Zentrum der entstehenden deutschen Demokratiebewegung stand, wieder lebendig werden.
„Vision Freiheit“ ist eine schulübergreifende Gemeinschaftsproduktion: Auf der Bühne stehen Schauspieler/-innen der Theater-AG des Grimmels, das Bühnenbild und die Kostüme werden von Schüler/-innen der Haus- und Landwirtschaftlichen Schulen in Kooperation mit der Kunstschule erstellt. Die Musikkomposition stammt von Gerhard Möhringer-Gross.
Schauspieler/-Innen: Theater am Grimmels
Kostüme und Bühnenbild: Haus- und Landwirtschaftliche Schulen / Kunstschule
Musikkomposition: Gerhard Möhringer-Gross
Regie: Paul Barone, Patrick Labiche
Ein junges Verständnis von Freiheit
Junge Theaterakademie.
Badische Zeitung vom 17. November 2015
von Juliana Eiland-Jung
OFFENBURG. Die 48er Revolution, einer der zentralen Identifikationspunkte des Offenburger Selbstverständnisses, wird bei "Vision Freiheit", der diesjährigen Produktion der "Jungen Theaterakademie", auf die Bühne gebracht. An drei Abenden Anfang Dezember wird das von der Theaterakademie selbst anhand historischer Quellen entwickelte Stück im Offenburger Salmen aufgeführt.
Bei einem Pressegespräch schilderten die beiden Regisseure, Paul Barone und Patrick Labiche, mit spürbarer eigener Begeisterung, dass die 30 jungen Schauspielerinnen und Schauspieler "trotz des ernsten Themas viel eigene Motivation mitbringen. Sie spüren, dass dieses Stück viel zu tun hat mit der Geschichte ihrer Stadt", die "mit ihren Licht- und Schattenseiten gezeigt" und "keinesfalls heroisiert" werden soll. Das Stück wurde zusammen mit den Schauspielern entwickelt. Ziel sei es, diese Epoche der Stadtgeschichte, die viele der Jugendlichen in Straßennamen begegnet, anhand der "spannenden menschlichen Schicksale der Offenburger, die sich für Freiheitsrechte eingesetzt haben", kennen zu lernen. Dass viele wichtige Akteure der badischen Revolution altersmäßig nicht weit weg von den Schülern waren, habe für eine besondere Nähe gesorgt. Die Auseinandersetzung mit der Stadtgeschichte führe aber auch in die politischen Themen der Gegenwart, hätten doch viele Akteure von damals wegen ihrer demokratischen Gesinnung ihre Heimat verlassen müssen. Die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler legen beim Pressegespräch Wert darauf zu betonen, wie wichtig es ihnen ist, dass in "Vision Freiheit" die historischen Fakten wiedergegeben werden, verpackt in Szenen, "die genau so möglich gewesen wären". Die Parallelen zwischen den 13 Offenburger Forderungen und dem Grundgesetz fanden sie überraschend, und auch, dass eine gescheiterte Revolution sich am Ende inhaltlich doch durchsetzen könne.
Die Bürgerstiftung St. Andreas unterstützt das schulübergreifende Theaterprojekt mit einer Spende von 3000 Euro. Geschäftsführer Bernhard Schneider und Vorstandssprecher Armin Fink betonten, dass "Vision Freiheit" "ein Stück im Sinne der Bürgerstiftung" sei, indem es zeige, "wie wichtig es ist, Grundrechte wahrzunehmen, damit eine Stadtgemeinschaft entstehen kann". Als Schauspieler stehen vor allem Schülerinnen und Schüler des Grimmelshausen-Gymnasiums auf der Bühne, ein Schauspieler kommt vom Schiller-Gymnasium, einer aus dem Wirtschaftsgymnasium. Kostüme und Bühnenbild wurden von Schülern der Haus- und Landwirtschaftlichen Schulen gestaltet, die auch das Catering am Premierenabend übernehmen werden. Weitere Beteiligte sind die Kunstschule und die Musikschule Offenburg, die die von Gerhard Möhringer-Gross komponierte Musik mit einem Schüler-Lehrer-Ensemble umsetzen wird.
Vision Freiheit. Die Revolution 1848/49 in Offenburg. Junge Theaterakademie Offenburg. Aufführungen am 3., 4., und 9. Dezember, jeweils 19 Uhr, im Salmen. Eintritt frei, Spenden erbeten.
Junge Theaterakademie überzeugt mit "Vision Freiheit"
Überzeugende Premiere im Salmen / Offenburger Schüler als Revolutionäre
Offenburger Tagblatt vom 05. Dezember 2015
Autor Bettina Kühne
»Vision Freiheit« lebte von der Verve der Jugend: Schüler des Grimmelshausen-Gymnasiums brachten die Geschichte der Offenburger Revolutionäre auf die Bühne. Die jungen Darsteller glänzten bei der Premiere am Donnerstag nicht nur mit schauspielerischem Talent.
Es waren dramatische Zeiten in Offenburg, als sich 1847 die Revolutionäre trafen und 1848 versuchten, ihre Gedanken von Freiheit und Gleichheit durchzusetzen. Genug Stoff für die Bühne also: Die Schüler des Grimmelshausen-Gymnasiums hatten sich daran gewagt, die Geschehnisse in einer freien Version im Salmen – dem Ort des damaligen Geschehens – zu inszenieren.
Eine glückliche Hand hatte Theaterlehrer Paul Barone bei der Besetzung der Hauptrollen gehabt. Sebastian Scheringer schaffte es gewissermaßen spielend, sich in den Revolutionär Karl Heinrich Schaible zu versetzen. Schon der spektakuläre Sprung vom Balkon im Theatersaal sorgte zum Auftakt des Theaterstücks für Furore: Außer zu schauspielern trainiert er nämlich auch noch den Trendsport Parkour – genauso wie Léo Brillet. Dieser gab Franz Volk, der nicht nur für die freiheitliche Demokratie, sondern auch für seine Liebe kämpfte.
Auch was fürs Herz
Denn natürlich warf das Theaterstück auch noch etwas fürs Herz ab: Franziska von Schauenburg, genannt Fanny, brannte für die freiheitliche Idee – und den Studenten Franz Volk. Eine seufzende Anna Lötsch las Briefe und sang Lieder – auch als ihr Liebster hinter Gittern saß. Es gab mehrere raffinierte Zäsuren, die den Fortgang der Beziehung spannend machten, ein Happy-End gab es indes nicht: Volk musste ohne seine Liebste fliehen, die sich nicht traute, ihren Vater vor den Kopf zu stoßen.
Ihre Schwester Luise (Onisha Wilsi) setzte sich ausschließlich für die Ordnung ein – Hauptsache, das Muster im Stickrahmen passte. Ebenfalls überzeugen konnten mit souveränem Auftritt und selbstbewussten Worten Inken Timmermann als Anna Rée und Nina Labiche als Nanette Rehmann, also als die Frauen, die hinter ihren Männern für den Freiheitsgedanken standen. Julia Allemann glänzte als die historisch verbriefte, verarmte Agatha Schmidt in der Gefängnisszene: Ein Gemeindebeamter quälte die Mutter, bis sie der Ausreise in die USA zustimmte, um mit ihrem Kind zusammenzubleiben.
Von Gustav Rée gebremst
Es gab stimmige Massenszenen mit dem Ensemble, das unter anderem Freiheitslieder sang. Besonders beeindruckend war die Szene, als die Jugend auf die Barrikaden ging: Der Moment, als da alle standen, war ein Bild, das ein Weilchen kraftvoll wirken durfte. Doch Bürgermeister Gustav Rée (Heiko Kirchner) bremste sie aus: Sie würden nur nutzlos mit dem Leben bezahlen, statt ihre Ziele zu erreichen, sagte er, und »handelte« mit Revolutionären und Regierungstruppen eine zunächst friedliche Lösung aus.
Hervorragend abgestimmt waren die Kompositionen von Gerhard Möhringer-Groß, die dem Stück dramaturgische Spannung verliehen.
Ein bisschen hätte die Regie das selbst entwickelte Stück noch straffen können: Der »Geschichtsunterricht« von der Bühne mag geduldige Erwachsene fesseln, sicherlich nicht aber die unteren Klassenstufen, für die das Theaterereignis ja eigentlich auch gedacht sein sollte.
Zur perfekten Premierenfeier trugen die Haus- und Landwirtschaftlichen Schulen Offenburg bei, die das Ensemble mit prächtigen Kleidern ausgestattet hatte. Die Mädchen kreierten ein Badisches Büfett mit Fingerfood mit vegetarischen und anderen Kleinigkeiten sowie traumhaften Süßspeisen.
HINWEIS: Eine weitere Aufführung ist am Mittwoch, 9. Dezember, um 19 Uhr im Salmen.
Geschichte der Revolutionäre
Badische Zeitung vom 7. Dezember 2015
Text: Juliana Eoland-Jung
OFFENBURG. Die Geschichte der Revolution 1848/49 in Offenburg wurde am Donnerstagabend im Offenburger Salmen als "Vision Freiheit" von der Jungen Theaterakademie in zahlreichen kurzen Szenen als Dokudrama auf die Bühne gebracht. Das Premierenpublikum war begeistert von der hervorragenden Leistung der rund 30 Schauspielerinnen und Schauspieler, die zum überwiegenden Teil das Grimmelshausen-Gymnasium besuchen.
Der historischen Erzählperspektive, die zwischendurch ein bisschen in Richtung Geschichtsunterricht abrutscht, ist zuzuschreiben, dass es dem Stück insgesamt ein wenig an dramatischem Spannungsbogen mangelt. Die Stärke des zweieinhalbstündigen Theaterabends, bei dem Paul Barone und Patrick Labiche Regie geführt haben, sind die großen Bilder, die sicher auch den Schülern, die das Stück noch besuchen werden, im Gedächtnis bleiben. Diese Zielgruppe wird sich auch besonders über die akrobatischen Einlagen der beiden männlichen Hauptdarsteller freuen. Und dass hier die historischen Fakten hinter den Offenburger Straßennamen mit Leben erfüllt werden, ist ein echter Beitrag zur Heimatgeschichte. Soziale Verwerfungen, erzwungene Auswanderung, Fürstenwillkür und Polizei-Folter werden thematisiert und ergeben ein düsteres Bild der damaligen Zustände. Der revolutionäre Impetus der Offenburger Bürger, den die jungen Schauspieler mit lokalpatriotischem Stolz präsentieren, wird nachvollziehbar.
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